03.11.2025

«Es ist absurd, denn der Kanton könnte Millionen verdienen» – Caritas warnt vor wachsender Jugendverschuldung

Immer mehr junge Menschen verschulden sich – oft aus Unwissen, nicht aus Übermut. Lorenz Bertsch von der Caritas St.Gallen-Appenzell fordert vom Kanton St.Gallen endlich eine wirksame Finanzbildungsstrategie, bevor Schulden zur Lebensfalle werden.

Lorenz Bertsch, Bereichsleiter Sozial- und Schuldenberatung bei der Caritas St.Gallen-Appenzell, schlägt Alarm: Immer mehr Jugendliche geraten in finanzielle Schwierigkeiten – und der Kanton St.Gallen tue zu wenig, um präventiv gegenzusteuern.

In einem Interview mit dem Sarganserländer erklärt Bertsch, dass junge Menschen heute einem besonders hohen Verschuldungsrisiko ausgesetzt sind. Viele hätten Mühe, ihr Einkommen so zu organisieren, dass sie alle Fixkosten decken und gleichzeitig Rücklagen bilden können. Steuerschulden, Krankenkassenprämien oder Zahnarztkosten seien oft der Beginn einer Schuldenkarriere. „Viele wissen beim Einstieg ins Erwerbsleben gar nicht, was finanziell auf sie zukommt“, so Bertsch.

Fehlende Finanzbildung und teure Folgen

Das Schweizer Finanzsystem sei komplex und für viele Jugendliche kaum durchschaubar. Zwar sei der Umgang mit Geld im Lehrplan 21 vorgesehen, werde aber an vielen Schulen kaum umgesetzt. Die Folge: Ein grosser Teil der Jugendlichen empfindet finanzielle Themen als kompliziert oder verwirrend.

Die Caritas St.Gallen-Appenzell bietet seit Jahren Schulden- und Budgetberatung an und hat speziell auf Jugendliche zugeschnittene Präventionsmodule entwickelt. Doch mangels finanzieller Unterstützung des Kantons mussten diese Angebote eingestellt werden.

„Wir haben alle Anfragen ablehnen müssen, weil uns die Mittel fehlen“, erklärt Bertsch. Deshalb fordert er den Kanton St.Gallen auf, Verantwortung zu übernehmen und eine kantonale Präventionsfachstelle für Budget- und Finanzkompetenz zu schaffen.

Ein Gewinn für alle – auch für den Staat

Laut Bertsch wäre eine solche Fachstelle nicht nur sozial, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Der jährliche Aufwand von rund 200’000 Franken würde sich durch höhere Steuereinnahmen mehrfach amortisieren. „Der Kanton könnte Millionen verdienen, wenn er Prävention ernst nähme“, sagt Bertsch. Denn viele Schulden betreffen Steuern, die dem Staat später fehlen.

Schulden machen krank

Bertsch warnt zudem vor den psychischen und gesundheitlichen Folgen: Wer einmal in der Schuldenfalle steckt, finde kaum mehr heraus. Die daraus resultierenden Belastungen führten zu hohen Gesundheits- und Sozialhilfekosten – eine zusätzliche Belastung für das gesamte System.

Das vollständige Interview mit Lorenz Bertsch finden Sie im Originalartikel des Sarganserländer.

Jugendverschuldung