Familie

Familien stehen in der Schweiz finanziell unter Druck. Das zeigen verschiedene Untersuchungen aus den letzten Jahren. Und sie werden vom Staat im Stich gelassen.

Haushalte mit Kindern haben in der Schweiz viel häufiger finanzielle Schwierigkeiten als vergleichbare Haushalte ohne Kinder. Das zeigen Erhebungen des Bundesamtes für Statistik (BFS): Paare mit Kindern unter 3 Jahren sind mit 15,1% mehr als doppelt so häufig von Armut betroffen oder bedroht wie Paare ohne Kinder (6,1%). Bei den Alleinerziehenden trifft es gar jede vierte.  Die finanzielle Belastung von Familien ist höher, je kleiner die Kinder sind.

 

Haushalte mit Kindern sind deutlich häufiger von Armut betroffen:

6.1%

Paare ohne Kinder

15.1%

Paare mit Kindern unter 3 Jahren

25%

Alleinerziehende

Mithilfe von kantonalen Steuerdaten lässt sich die prekäre Situation von Familien noch besser aufzeigen. Eine Untersuchung von Caritas und der Berner Fachhochschule für den Kanton Bern zeigt, dass Paare mit Kindern etwa viermal häufiger knapp über der Sozialhilfegrenze leben als Paare ohne Kinder. Alleinerziehende wiederum sind auch gemäss unserer Untersuchung unter der Sozialhilfegrenze massiv übervertreten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie des Büro BASS auf Basis von Steuerdaten aus mehreren Kantonen. Knapp 30% der Haushalte mit Kindern unter 25 Jahren befinden sich gemäss dieser Untersuchung in einer finanziell schwierigen Situation, bei kinderlosen Haushalten sind es rund 10 Prozent weniger.

Steigende Kosten setzen Familien besonders zu

Dass Familien in der Schweiz finanziell deutlich schlechter dastehen als kinderlose Haushalte, hat ganz einfach gesagt damit zu tun, dass Kinder kosten, aber natürlich nichts zum Einkommen des Haushaltes beitragen können. Mit anderen Worten: Mit Kindern braucht man eine grössere Wohnung, man bezahlt Krankenkassenprämien für zusätzliche Personen und die Ausgaben für Essen, Kleider und so weiter steigen.

Die steigenden Wohnungsmieten und Krankenkassenprämien belasten Haushalte mit Kindern deshalb auch besonders stark. Zudem fallen hohe Kosten für die familienexterne Kinderbetreuung an oder mindestens ein Elternteil – häufig die Mutter – reduziert das Erwerbspensum deutlich. In beiden Fällen schrumpft das verfügbare Einkommen massiv.

Die Schweiz investiert zu wenig in Familien

Eine gute Familienpolitik könnte dem entgegenwirken. Die Schweiz ist diesbezüglich aber ein Entwicklungsland. Die Sozialausgaben für Familien sind hierzulande im Vergleich mit anderen wohlhabenden Ländern sehr bescheiden. Sie lagen 2021 mit 1,6% des BIP deutlich unter dem europäischen Mittel von 2,4%.

Und auch indirekt erhalten Eltern wenig Unterstützung, um ein genügend hohes Einkommen zu erzielen. So ist die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit für viele Eltern immer noch eine grosse Herausforderung, weil Betreuungsstrukturen fehlen und zu teuer sind und weil die Arbeitswelt wenig familienfreundlich ist.

Armut hat ernsthafte Folgen für Kinder

Die prekäre finanzielle Situation vieler Familien ist kein privates Problem, sondern geht die gesamte Gesellschaft etwas an. Kinder, die in Armut aufwachsen, haben schlechtere Bildungschancen, ein höheres Risiko für gesundheitliche Einschränkungen, weniger Möglichkeiten, sich in der Freizeit zu entfalten und leben häufig in prekären Wohnverhältnissen. Armut wird deshalb häufig von einer Generation auf die nächste übertragen. Dabei gäbe es genügend Ansatzpunkte, um dies zu verhindern.

Quellen:
BFS, ArmutsgefährdungLink öffnet in neuem Fenster.
BFS, Finanzielle Situation der HaushalteLink öffnet in neuem Fenster.
Caritas, Wenn das Geld kaum zum Leben reicht, 2022Link öffnet in neuem Fenster.
Büro BASS, Die wirtschaftliche Situation von Familien in der Schweiz, 2023Link öffnet in neuem Fenster.

Dieser Artikel erschien im «Caritas regional». Das Magazin der regionalen Caritas-Organisationen erscheint zweimal jährlich.

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