

09.07.2025
Zwischen Inkluse und Lepra: Hochrheinkonferenz 2025 in St.Gallen
Die Hochrheinkonferenz 2025 brachte Vertreter:innen aus sozialen, kirchlichen und karitativen Institutionen rund um den Hochrhein im historischen Stiftsbezirk St.Gallen zusammen. Inspiriert vom heiligen Otmar und der heiligen Wiborada entstand ein Raum, um zentrale Fragen des sozialen Engagements neu zu bedenken: Welche Werte tragen uns in Zeiten des Wandels – und wie bleibt gelebte Fürsorge heute wirksam?
Impulse aus dem Weltkulturerbe für das karitative Handeln von heute...
Am 18. Juni 2025 fand in St.Gallen die diesjährige Hochrheinkonferenz der Caritas-Organisationen rund um den Hochrhein statt – ausgerichtet von Caritas St.Gallen-Appenzell. Rund 20 Gäste aus dem Elsass, Baden-Württemberg, Vorarlberg, Liechtenstein und der Deutschschweiz nahmen teil, um sich gemeinsam mit der Frage auseinanderzusetzen: Was trägt unser karitatives Engagement in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche? Und welche kulturellen Wurzeln nähren unser Handeln heute?
Den idealen Resonanzraum dafür bot der UNESCO-Weltkulturerbe-Stiftsbezirk St.Gallen – ein Ort gelebter geistiger, kultureller und sozialer Geschichte.
Pastoralamtsleiter Franz Kreissl spannte entlang biografischer Etappen des heiligen Otmar den Bogen zur Gegenwart und nannte wesentliche Punkte auch heutigen sozialen Engagements: Zuhören und auf Not einlassen, Brücken bauen, Konsequenzen tragen.
Stiftsbibliothekar Cornel Dora bettete Otmar in seinen historischen und gesellschaftlichen Kontext ein – und stellte uns vor die Frage nach den „unverhandelbaren Werten“ unserer Gegenwart. Seine Ausführungen zu Otmars Leprosorium und den klösterlichen Fürsorgeeinrichtungen machten eines deutlich. Ein nostalgisches Lamento auf eine traditionsvergessene Gegenwart wird dem christlichen Erbe nicht gerecht. Ohne konkretes Handeln im Sinne einer entgrenzenden christlichen Ethik in persönlicher Zuwendung und Sorge verbleiben wir hinter dem biblischen Anspruch zurück: «Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.»
Mit feiner Gestaltungskraft ermöglichte Stiftsbibliothek-Museumsleiterin Elke Larcher zur Mittagszeit einen Raum der Resonanz, in dem sorgfältig ausgewählte Texte zu eigenem Weiterdenken über unsere Zeit anregten. Das benediktinische Mittagessen mit Tischlesung bildete den ruhigen Mittelpunkt des vielfältigen Tagesprogramms. Nachmittags begeisterte die Theologin und Seelsorgerin Hildegard Aepli durch ihre leidenschaftliche Vorstellung, wie in den letzten Jahren in der Stadt St.Gallen Schritt um Schritt der Schatz im Erbe der heiligen Wiborada gehoben wird. Es war ein begehbares und greifbares Beispiel dafür, wie Tradition kritisch, lebendig und kreativ zugleich weitergetragen werden kann. Und wie vormittags stand im Zentrum das Leben einer Person, die durch gesellschaftliche Umstände und Gesetzmässigkeiten an den Rand gedrängt wird.
Was brachte den Caritas-Mitarbeitenden dieses Eintauchen in die so fern scheinende Historie? Wider Erwarten, aber bei genauerem Hinschauen naheliegend. Das Engagement für Menschen an diesen vermeintlichen Rändern unserer Lebenswelten braucht es auch heute mehr denn je.