24.01.2024
Ein guter «Wohnstart» für Flüchtlinge
Beim Projekt «Wohnstart» von Caritas Aargau besuchen Freiwillige anerkannte Flüchtlinge in ihren frisch bezogenen Wohnungen und vermitteln vor Ort Wohnkompetenzen. Wir waren dabei.
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Zum Freiwilligeneinsatz bei «Wohnstart»
Eine ruhige und grüne Siedlung von Mehrfamilienhäusern in der
Nähe von Aarau. Mehrere Wohnblocks stehen mit einigen grossen Bäumen
beisammen, dazwischen liegen Rasenflächen mit Wäscheleinen, einzelnen
Sandkästen und ein paar Spielsachen. Die Freiwillige Simone Bucher
klingelt bei Familie Al Mohammad. Sie engagiert sich im Projekt
«Wohnstart» und besucht ihre Mentees in ihrem Zuhause, um ihnen
wichtiges Wissen über das Wohnen in der Schweiz näherzubringen und ihre
Fragen zu beantworten. Familie Al Mohammad ist vor dem Krieg aus Syrien
geflohen, in der Schweiz als Flüchtlingsfamilie anerkannt und im Sommer
2022 aus einer kantonalen Unterkunft in ein eigenes Zuhause gezogen. Die
siebenköpfige Familie lebt seither in einer kleinen 4-Zimmer-Wohnung im
Erdgeschoss. Die älteste Tochter ist acht Jahre alt, die jüngsten
Zwillingsbuben sind gerade einjährig geworden.
Wissensvermittlung vor Ort
«Mein Einsatz als Freiwillige umfasst vier Termine mit den mir
zugeteilten Mentees, die ich etwa innerhalb eines halben Jahres
vereinbare. Um das Verständnis zu gewährleisten, ist bei den Besuchen
jeweils ein*e Dolmetscher*in dabei», erklärt Simone Bucher.
Für
Familie Al Mohammad konnte rasch viel erreicht werden: «Beim ersten
Treffen haben wir, da die Familie ganz frisch eingezogen war, gemeinsam
das Übergabeprotokoll ausgefüllt. Dazu sind wir von Raum zu Raum
gegangen und haben alles auf Funktionalität überprüft, um kleine Schäden
zu notieren. Dabei kam manches zusammen, was wir dem Vermieter direkt
melden konnten. Auf diese Weise habe ich die Wohnung schon gut
kennengelernt, das war ideal», so Simone Bucher.
Bei einem Glas Tee am Wohnzimmertisch sitzend und umringt von den
Kindern schaute sie mit dem Ehepaar zudem den Mietvertrag und die
Hausordnung an. «Wir sprachen über Rechte und Pflichten, die im Ausland
oft ganz anders sind. Zum Beispiel über Kündigungsfristen, über
Sorgfaltspflichten oder über Ruhezeiten im Haus.» Ein von Caritas zur
Verfügung gestellter Ordner mit Checklisten und Informationen hilft den
Freiwilligen, jeweils den Überblick über die vielen Aspekte des Wohnens
zu behalten. Um die Handhabung und die Pflege von Gerätschaften
anzuschauen, ging es dann direkt in die Küche, das Bad und in den
Waschkeller.
«Die Lebensweise hier in der Schweiz ist teilweise doch sehr anders
als in Syrien», berichtet Vater Al Mohammad. «Wir haben zum Beispiel oft
Böden aus Stein und wussten nicht genau, wie man einen Laminatboden
reinigt.» Auch weitere praktische Aspekte wie die Müllentsorgung, der
Abfallkalender, das Thema Lüften und Heizen sowie die Ressourcenschonung
allgemein hat Simone Bucher mit den Eltern durchgesprochen. Vater Al
Mohammad serviert Schwarztee am Wohnzimmertisch. «Das Projekt war von
Anfang an sehr nützlich für uns.»
Den Hauswart kennengelernt
Die Familie hat sich inzwischen gut in der Wohnung eingelebt und
berichtet dankbar: «Frau Bucher ist eine sehr angenehme Person. Sie
zeigte uns, wie man vorgehen soll, wenn etwas kaputt ist oder fehlt»,
sagt Vater Al Mohammad. Schon beim zweiten Besuchstermin hatte der
Vermieter einige Dinge bereits repariert. «Sehr geholfen hat uns auch,
dass Simone Bucher erklärt hat, was ein Hauswart ist. Er lebt im
Nachbarhaus und wir haben nun Kontakt zu ihm.»
Simone Bucher ist ebenfalls zufrieden mit ihrem Einsatz: «Bei
‹Wohnstart› kann man sehr individuell auf den Bedarf der Teilnehmenden
eingehen und Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Für mich persönlich finde
ich es ausserdem bereichernd, die Familien in ihrem Zuhause
kennenzulernen und ihnen auf Augenhöhe begegnen zu können.» Gerade die
sozialen Aspekte des Wohnens wie den Kontakt zum Hauswart oder den
Nachbar*innen findet Simone Bucher besonders wichtig. «Es gibt viele
unausgesprochene Regeln im Zusammenleben in einer Nachbarschaft.» Sie
ermutigt ihre Mentees beispielsweise dazu, es freundlich anzusprechen,
wenn Probleme auftauchen. Simone ist überzeugt: «Das Projekt hilft allen
Beteiligten und dem ganzen Umfeld!»
Begleitung durch Caritas
Mithilfe von rund 40 Freiwilligen begleitete Caritas Aargau bei «Wohnstart» bereits 70 Familien oder Einzelpersonen, die erstmals eine eigene Wohnung im Aargau bezogen haben. Freiwillige, die sich für ein Engagement bei «Wohnstart» interessieren, erhalten nach einem ersten Kennenlerngespräch mit dem Projektleiter Stephan Frei eine Schulung zum Thema und können danach entscheiden, ob sie sich engagieren möchten.
Autorin: Nathalie Philipp
aus: Magazin «Caritas regional» 2023/2
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