«Mir ist das Herz aufgegangen»
Wieviel Arbeit steckt in Freiwilligenarbeit? Was muss eine Organisation ihren Freiwilligen bieten? Shiyana koordiniert nicht nur die Freiwilligenarbeit bei der Caritas Zentralschweiz, sie engagiert sich auch selbst freiwillig. Im Interview erzählt sie von schönen und schwierigen Situationen ihres Engagements und den Einsatzmöglichkeiten bei der Caritas Zentralschweiz.

Wie engagierst du dich freiwillig?
Ich bin Vermittlerin bei den «mit mir»-Patenschaften der Caritas Zentralschweiz. Das heisst, die Projektleiterin teilt mir eine Familie und eine freiwillige Patin oder einen Paten zu, die ich dann während drei Jahren begleite. Ich führe zum Start der Patenschaft ein Vermittlungsgespräch mit allen Beteiligten und während der 3-jährigen Patenschaft führe ich Standortgespräche durch. Momentan begleite ich sechs Patenschaften.
Wie viel Zeit investierst du in dieses Engagement?
Das hängt davon ab, wieviel Gesprächsbedarf bei den Familien und Pat*innen da ist. In der Regel dauern das Vermittlungsgespräch und das Standortgespräch je eine Stunde. Zusätzlich erhalte ich auch ab und zu eine Frage auf Whatsapp und frage auch bei den Familien und Pat*innen nach, wie es allen Beteiligten geht.
Was gefällt dir an diesem Einsatz?
Ich freue mich, wenn ich sehe, dass sich eine Familie und die Patin gefunden haben und sich verstehen. Kürzlich hatte ich ein Standortgespräch, das jeweils ein Jahr nach dem Start der Patenschaft stattfindet. Dort war deutlich zu sehen, wie sich das Kind während der Patenschaft entwickelt hat. Es ist viel offener geworden. Diese Entwicklung zu sehen, war ein Highlight für mich.
Wie viel «Arbeit» steckt in der Freiwilligenarbeit?
Es ist nicht wie Arbeit, aber auch nicht wie Freizeit. Ich mache es gerne und mit Herzblut. In der Regel empfinde ich das Engagement auch nicht als anstrengend. Es kann schon mal mühsam sein, wenn man zum Beispiel einen Termin mit allen Beteiligten finden muss. Mich motiviert dann aber, dass ich mit meinem Engagement einem Kind etwas Gutes tun kann. Darum ist mir umso wichtiger, dass alles gut funktioniert und ich die Patenschaft gut aufgleisen kann.
Weniger cool ist es, wenn die Vermittlung nicht funktioniert und die freiwillige Patin oder der freiwillige Pate abspringt. Das tut mir dann Leid für das Kind, denn für das Kind ist es schwierig zu verstehen, dass es nichts mit ihm zu tun hat. Mit diesen Situationen umzugehen, gehören auch zu meinem Engagement.
Ist das Engagement für dich nur ein Geben oder bekommst du auch etwas zurück?
Ich konnte aus meinem Engagement bisher auch viel für mich mitnehmen. Ich habe gelernt, bei einer Familie reinzustehen und ein Gespräch zu führen. Ich lerne verschiedene Kulturen kennen und mit verschiedenen Situationen umzugehen. Am Anfang waren schwierige Situationen wie das Abspringen eine*r Pat*in noch eine grössere Herausforderung als heute.
Was ist ein Erlebnis aus deiner Zeit als Freiwillige, an das du dich gerne zurückerinnerst?
Ich führte ein Standortgespräch mit Mutter, Kind und Patin. Allerdings hatten sie alle gar nicht zu sagen, denn sie waren so zufrieden – sie konnten es gar nicht in Worte fassen. Die Patin und das Kind hatten beide eine solche Freude aneinander, alle am Tisch haben gestrahlt. Da ist mir das Herz aufgegangen. Das Gespräch war dann auch nur sehr kurz, denn sonst hätte ich es künstlich in die Länge ziehen müssen. Es gab schlicht nichts zu besprechen.
Möchtest du dich freiwillige Engagieren?
Finde das passende Engagement.
Offene Einsatzplätze
In deinem beruflichen Leben wechselst du die Seiten: Du koordinierst die Freiwilligenarbeit bei der Caritas Zentralschweiz. Wie erlebst du diese Doppelrolle?
Ich denke, es ist hilfreich, dass ich beide Seiten kenne. Es fällt mir zum Beispiel einfacher, neue Ideen für Einsatzplätze umzusetzen, weil ich mich gut in die Rolle einer freiwilligen Person reinversetzen kann. Ich weiss aber auch, wie schwierig es für eine Organisation ist, Freiwillige zu finden.
Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Rekrutierung von Freiwilligen?
Es gibt Engagements, bei denen man sich für drei Jahre verpflichten muss – das kann schon eine Hürde sein. Aber als freiwillige*r Patin baut man zum Beispiel eine Beziehung zu einem Kind auf. Dort sind langfristige Engagements wichtig. Beim Bücher sortieren in der Brocki ist ein langfristiges Engagement dagegen weniger wichtig.
Eine weitere Herausforderung: Wir merken, dass Freiwillige ihr Engagement immer mehr mitgestalten möchten. Wir haben bei der Caritas Zentralschweiz aber klar definierte Einsatzplätze. Momentan analysieren wir, wo wir in Zukunft mehr Partizipation ermöglichen können. Gleichzeitig können wir unser Angebot für Freiwillige aber auch nicht nur an den Bedürfnissen der Freiwilligen orientieren. Die Freiwilligenarbeit muss schlussendlich den Menschen dienen, die Hilfe brauchen.
Was würdest du jemandem raten, der auf der Suche nach einem passenden Engagement ist?
Ruf mich an (lacht). Im Gegensatz zu anderen Organisationen haben wir sehr viele verschiedene Angebote. Wer gerne mit Menschen unterwegs ist, kann sich im sozialen Bereich engagieren und sich zum Beispiel mit einer fremdsprachigen Person treffen und Deutsch sprechen. Wer lieber nicht direkt mit Menschen arbeiten möchte, kann auch in unseren Betrieben mitanpacken und sich zum Beispiel in unserer Schreinerei handwerklich betätigen oder als Chauffeur Waren transportieren. Man kann sich auch einfach in ein Zimmer setzen und die Puzzles für unsere Brockis kontrollieren. Wen man noch nicht weiss, in welche Richtung es gehen soll, suche ich mit der Person zusammen das passende Engagement.
Wie begleitest du die Freiwilligen weiter, wenn sie ihr Engagement gestartet haben?
Viele brauchen danach keinen Kontakt mehr zu mir, sie engagieren sich in ihrem Einsatz und sind happy damit. Wir sehen uns dann am jährlichen Dankesfest oder – wer will – bei einer unserer kostenlosen Weiterbildungen. Für jedes freiwillige Engagement gibt es ausserdem auch eine*n Einsatzleitende*n. Diese Person ist ebenfalls für die Freiwilligen da.
Was bietet Caritas Zentralschweiz ihren Freiwilligen neben den Weiterbildungen?
Wir bieten professionell betreute Einsatzplätze. Es ist unser Job, den Freiwilligen gut organisierte und wirkungsvolle Einsatzplätze bereitzustellen. Man kann hier als Freiwillige*r seine Zeit wirklich sinnvoll einsetzen. Und: Wir sind eine Organisation, die etwas bewirkt. Ich engagiere mich auch in meiner Freizeit als Freiwillige bei Caritas Zentralschweiz, weil ich hinter der Organisation stehen kann. Wir unterstützen Menschen. Das ist das Wichtigste für mich.