
23.04.2025
Pflegende Angehörige: 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr
Frau Künzler (85) und ihr Ehemann (84) leben in ihren eignen vier Wänden, wo sie die Herausforderungen der Pflege tagtäglich meistern. Frau Künzler selbst ist nicht nur die älteste Angestellte bei Caritas Bern, sondern auch ein beeindruckendes Beispiel für die Belastungen, die mit der Pflege eines Angehörigen verbunden sind.
Text: Barbara Keller Bilder: Manuel Lopez
Als sich die Rentnerin vor drei Jahren einer Herzoperation unterziehen musste und während ihrer Reha eine Weile von zu Hause abwesend war, wurde ihr bewusst, wie viel Verantwortung sie bisher im Alltag ihres Mannes übernommen hatte. Der Moment, in dem sie die Spitex-Rechnungen sah, war ein Augenöffner für sie – die Vielzahl von Aufgaben, die sie tagtäglich erledigte, wurde ihr erst durch diese Distanz und die anschliessende Rückkehr nach Hause so richtig bewusst. Ihr Ehemann hatte diverse Operationen am Bewegungsapparat und ist seither pflegebedürftig.

Das Ehepaar Küenzler zeigt, wie wertvoll und herausfordernd die Rolle der pflegenden Angehörigen ist, wobei Frau Küenzler durch ihre Anstellung bei Caritas Bern fachliche Unterstützung erhält.
Sie entschloss sich, sich für die pflegerische Arbeit offiziell bei Caritas Bern anstellen zu lassen. Es war eine willkommene Entlastung, sowohl emotional als auch finanziell. Die Anstellung gibt Frau Künzler nicht nur eine Anerkennung ihrer Arbeit, sondern auch die Möglichkeit, sich in ihrer Rolle als pflegende Angehörige fachlich begleiten zu lassen.
Herr Künzler, der von seiner Frau täglich unterstützt wird, ist dankbar, dass er weiterhin in der gemeinsamen Wohnung bleiben kann. Er schätzt die Arbeit, die seine Frau mit so viel Hingabe und Liebe ausführt, und empfindet es als grosses Glück, zu Hause bleiben zu können. «Das ist nur durch die Pflege meiner Frau möglich», erklärt er mit einem Lächeln. Täglich übernimmt sie eine Vielzahl von Aufgaben, die von der Hilfe beim Aufstehen und Zubettgehen bis hin zur Zubereitung der Mahlzeiten reichen. Zeit für sie selbst bleibt dabei wenig. Pflegende Angehörige ist man während 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Besonders herausfordernd ist die Ernährungsplanung, da Herr Künzler an Magen- und Darmproblemen leidet und eine besondere Diät notwendig ist, um Krämpfen vorzubeugen.
Der Austausch mit einer externen Pflegefachperson von Caritas bietet eine wichtige Unterstützung, bei der Frau Künzler fachliche Rückfragen stellen kann.
Christine Gäumann, Nelli Fontaine, Carina Grossenbacher (v. l.)
«Es ist beruhigend, zu wissen, dass jemand da ist und ich nicht allein bin», erzählt sie. Diese Unterstützung, gepaart mit den Schulungen und Weiterbildungen, die Caritas anbietet, erleichtert ihr den Alltag. Besonders wertvoll für sie war ein Kurs in Fussreflexzonenmassage, den sie besuchte, um ihrem Mann Linderung bei seinen Beschwerden zu verschaffen. Was die Zukunft betrifft, wünschen sich beide, dass sie noch lange zu Hause bleiben können, um ihre Unabhängigkeit zu bewahren. «Wir möchten nicht ins Altersheim», sagt Herr Künzler. «Dort wären wir viel mehr eingeschränkt und fremdbestimmt.» Frau und Herr Künzler zeigen mit ihrer Geschichte, wie wertvoll und gleichzeitig herausfordernd die Rolle der pflegenden Angehörigen ist.
Die diplomierten Pflegefachpersonen von Caritas Bern entlasten
In der Schweiz leisten rund 600000 Angehörige eine bemerkenswerte Arbeit, indem sie Familienmitglieder betreuen und pflegen. Die wertvolle Arbeit wird nicht entschädigt und ist oft mit Erwerbseinbussen und fehlender sozialer Absicherung verbunden. Caritas Bern setzt sich für pflegende Angehörige ein, indem sie die Angehörigen zu einem Stundenlohn anstellt und sie professionell begleitet. Unser Team, bestehend aus den Pflegefachfrauen Christine Gäumann, Nelli Fontaine und Carina Grossenbacher, begleitet die pflegenden Angehörigen fachlich uns besucht sie regelmässig, um Unterstützung zu leisten.