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22.08.2023

«Ich habe jetzt ein normales Leben» – Porträt

Vor 15 Jahren kam Hassan K. als junger Mann aus Somalia in die Schweiz. Heute arbeitet er in einem Logistik-Unternehmen und engagiert sich als Freiwilliger – unter anderem bei der Feuerwehr Aarau. Im aktuellen «Da+Dort»-Magazin erzählt er von seinem Leben.

Vor 15 Jahren kam Hassan K. als junger Mann aus Somalia in die Schweiz. Heute arbeitet er in einem Logistik-Unternehmen und engagiert sich als Freiwilliger – unter anderem bei der Feuerwehr Aarau. Im Magazin «Da+Dort» berichtet er von seinem Leben, seinen Werten und seinen Integrationserfahrungen.

Hassan K. zeigt auf dem Smartphone, wie er als Freiwilliger bei einem Notfall alarmiert wird: «Wenn ein Notruf eingeht, erhalten alle Feuerwehrleute eine Nachricht mit der Adresse vom Einsatzort. Ich muss dann sofort mit ‹Ja› oder ‹Nein› antworten, ob ich kommen kann. Wenn ich absage, geht die Anfrage an die nächste Person weiter.»

Der grosse Mann mit dem aufgeschlossenen Lächeln stammt aus Somalia und ist seit 2015 – bisher als einzige Person mit Fluchtgeschichte – Mitglied der Feuerwehr Aarau.

2008 kam Hassan K. im Alter von 20 Jahren in die Schweiz und lebte lange als vorläufig Aufgenommener. An seine Bewerbung bei der Feuerwehr erinnert er sich gut: «Als ich mich das erste Mal beworben habe, antwortete mir der Kommandant, dass sie mich leider erst aufnehmen können, wenn ich eine B-Bewilligung habe. Sobald ich diese dann bekam, schickte ich meine Unterlagen erneut ein und erhielt die Zusage», berichtet Hassan stolz. Seither ist er bei Einsätzen dafür zuständig, den Verkehr zu regeln.

Eintritt in die Feuerwehr als Etappenziel

Der Eintritt in die Feuerwehr ist nur eines von vielen Etappenzielen, die Hassan K. auf seinem Integrationsweg bisher erreicht hat. Die ersten Jahre, berichtet er, seien schwierig gewesen: «Ich musste für alles kämpfen, für eine Arbeit, meinen Führerschein, meine Wohnung.» Aus Somalia brachte er zwar Arbeitserfahrung, aber keinen Berufsabschluss mit. Vor allem der unsichere Aufenthaltsstatus machte es ihm schwer, voranzukommen, gerade bei der Stellensuche. Denn Hassan K. erlebte noch die Zeit, als es für Arbeitgeber umständlich war, vorläufig Aufgenommene einzustellen. 2011 fand er seine erste Stelle bei einem Logistik-Unternehmen und blieb dort mehrere Jahre. Um seine Job-Chancen zu verbessern, bildete er sich in seiner Freizeit immer wieder auf eigene Kosten weiter. Er absolvierte Ausbildungen zum Staplerfahrer, besuchte Kurse in Schweisstechnik und lernte, wie man Fahrzeuge poliert.

«Man soll anderen helfen, man kann nicht nur zu Hause sitzen.»

Heute fühlt sich Hassan K. wohl: «Ich habe jetzt ein normales Leben», sagt er selbstbewusst. Er hat eine Vollzeitstelle, besitzt ein eigenes Auto und wohnt in einer kleinen Wohnung. Er ist sozial vernetzt, pflegt ein gutes Verhältnis mit seinen Nachbar*innen, übt Deutsch mit einem Rentner und ist mit einer Schweizer Familie befreundet, mit der er sich regelmässig trifft. Und nicht zuletzt kann er nun mit anderen teilen, was er erreicht hat. Speziell unter Migrant*innen aus Somalia hat sich seine Hilfsbereitschaft herumgesprochen und er ist eine erste Ansprechperson bei Alltagsfragen. Zudem unterstützt er ein Spital in seiner Heimatstadt Afgoi mit Medikamentenlieferungen und hat dafür eine eigene Hilfsorganisation gegründet. Er tut dies aus Überzeugung: «Ich habe jetzt alles, was ich zum Leben brauche. Wenn man versorgt ist, soll man anderen helfen, man kann nicht nur zu Hause sitzen.»

Empfehlungen für eine gelingende Integration?

Was sind seine Empfehlungen für eine gelingende Integration? Fühlt er sich integriert? «Für mich war es das Wichtigste, die Sprache zu lernen, die Existenz zu sichern und eine Arbeit zu finden», erklärt er. «Damit man sich gut integrieren kann, muss man vor allem sehr respektvoll sein, sich an die Regeln halten und freundlich auf die Menschen zugehen», sagt er mit Nachdruck. Hassan K. achtet genau darauf, sich korrekt zu verhalten, keine Busse oder gar einen Eintrag ins Betreibungsregister zu riskieren. Bei Konflikten reagiert er mit Nachsicht und Geduld: «Wenn es wirklich einmal Probleme gibt, hat es in der Schweiz Stellen, an die man sich wenden kann.» Mit dieser Einstellung fährt er gut und blickt gelassen und positiv in die Zukunft: «Ja, ich fühle mich sehr gut integriert!» Sein nächstes Ziel, sagt er, sei es, eine C-Bewilligung zu erhalten und irgendwann den Schweizer Pass.

Aus: «Da+Dort» Nr. 88, August 2023, Unabhängiges Aargauisches Magazin für Migrations- und Integrationsthemen, «Integration - quo vadis?»
Text: Nathalie Philipp

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